„Ab wann kann man von einem Trauma sprechen?“ Mit dieser Frage werde ich häufig konfrontiert, denn viele Betroffene, die von traumatischen Erlebnissen berichten, befürchten so manches sei „nicht schlimm genug“ gewesen um als Trauma zu gelten und daher bearbeitenswert zu sein.

Meiner Ansicht und Erfahrung nach verhält es sich so: haben sich von einem individuell negativ erlebten Ereignis Bilder oder belastende Gefühle eingenistet und haben diese uns zu sehr im Griff – mehr als wir sie – dann können wir von einem traumatischen Erlebnis ausgehen. Im ersten Schritt kann es eine große Erleichterung sein, dem jeweiligen Ereignis bewusst das Label „Trauma“ zu geben. Ist ein Thema erstmal passend eingeordnet, lässt es sich besser greifen, bearbeiten und die nötige Distanz dazu aufbauen.

Grundsätzlich lassen sich zwei Arten von Traumata unterscheiden: das Schocktrauma ist ein einmaliges Erlebnis wie beispielsweise ein Missbrauch, Unfall, Übergriff etc. Es können sich im Laufe unseres Lebens mehrere (unterschiedliche) dieser Erlebnisse aneinanderreihen. Nicht alle müssen zwangsläufig zum lebenseinschränkenden Trauma werden, das ist bei jedem Menschen individuell und abhängig von dessen Widerstandkraft und Möglichkeiten, das Erlebte innerpsychisch zu verarbeiten.

Neben dem Schocktrauma gibt es das sequenzielle Trauma, welches aus einer Abfolge immer wieder kehrender belastender Erlebnisse besteht, wie zum Beispiel in einer Beziehung immer wieder erniedrigt oder bedroht zu werden oder immer wieder die gleiche, hoch belastende Situation durchstehen zu müssen.

Beide Formen haben einen gemeinsamen Nenner: nachhallende Bilder, sich aufdrängende Erinnerungen daran und eine Mischung aus intensiven, belastenden Gefühlen wie zB Angst, Hilflosigkeit, Erstarrung, Wut, Panik etc. Zudem können sogenannte Trigger entstehen, welche die körperlichen und emotionalen Reaktionen auf das Trauma immer wieder auslösen. Die unterschiedlichsten Reize können zu Triggern werden: eine ähnliche Situation, der Blick eines Menschen, ein Geruch, ein Wort, ein Satz, ein Geräusch – an alles, was an das ursprünglich Erlebte erinnert.

Eine besondere Rolle spielen an diesem Thema die Hochsensiblen. Wie bereits die Forschung von Elaine Aron belegte, können Hochsensible bedingt durch die intensivere Reizverarbeitung im Nervensystem schneller depressive Erkrankungen und Angsterkrankungen entwickeln. Das lässt sich auch bei traumatischen Erlebnissen beobachten: belastende Situationen werden entsprechend intensiver erlebt und haben verstärkte peinigende Gefühle zur Folge, auch Bilder von traumatischen Erlebnissen können sich bei Hochsensiblen schneller und „tiefer“ einbrennen und für emotionalen Nachhall sorgen, der die gefühlte Lebensqualität im Alltag einschränkt.

Für die Behandlung von traumatischem Material ist wichtig zu verstehen: wir können keine Erlebnisse aus unserer Biografie oder dem Gehirn heraustrennen oder löschen. Die Trigger und Bilder jedoch lassen sich mit geeigneten Therapieverfahren emotional „kaltstellen“ und neutralisieren, sodass die belastenden Gefühls- und Körperreaktionen nicht mehr ausgelöst werden. Die Wertimagination beispielsweise ist für solche Anwendungen prädestiniert.

Ist ein traumatisches Erlebnis hinreichend bearbeitet, gleicht das Erlebte einer verblichenen Seite in einem Buch die man umblättert, in dem Wissen „Ja, das war etwas, aber es tangiert mich nicht mehr“. An dieser Stelle führt besonders die Logotherapie eine Traumabehandlung noch eine Stufe weiter empor und versucht, dem Trauma im Nachhinein noch etwas Sinnvolles abzugewinnen.

Der Moment, ab dem ich das Erlebte dankbar annehmen kann, weil es letzthin Sinnvolles ermöglichte, mich hat wachsen lassen, dies ist der wahre Heilungsmoment traumatischer Erlebnisse.

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Carsten Kärcher
Heilpraktiker für Psychotherapie

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